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Schöne digitale Welt - Sind Sie dabei?

GUNZENHAUSEN - "Deutschland wird digitaler", stellte Babett Guthmann in der jüngsten "Medienwelten"-Veranstaltung fest. Und schob noch eine Frage nach: Ob man sich freue, wenn etwas "auch digital erledigen" könne? Oder eher so reagiere: "Du konnsd mi gern hoom!"

Für all jene, die mit einem "digitalen Rathaus", Online-Banking, elektronischem Arztrezept oder Internet-Shoppen bislang nicht auf Du und Du sind, hatte die Moderatorin und kommissarische Leiterin der Stadt- und Schulbücherei eine "ermutigende Expertenrunde eingeladen". Denn sie ist überzeugt: Die Frage "Schöne digitale Welt - bin ich dabei?", die auch der Veranstaltung ihren Titel gab, sollten auch ältere Jahrgänge mit "Ja" beantworten können.

"Sonst ist man digital abgehängt"

Neun Millionen Deutsche über 65 Jahre sind sogenannte "Offliner", bewegen sich also strikt und dauerhaft außerhalb der digitalen Welt, sagte Guthmann. Was aber auch heiße: "Die Hälfte der Menschen in dieser Altersgruppe nutzen das Netz." Und wenn’s nach Guthmann geht, werden das noch viel mehr: "Sonst ist man bald in vielen Bereichen digital abgehängt." Hinzu kämen Extra-Gebühren bei Bankgeschäften, fehlende Einkaufsmöglichkeiten, wenn der Einzelhandel bestimmte Artikel nicht mehr anbietet, und der Ausschluss aus wichtigen Kommunikationen, wenn man soziale Netzwerke wie Facebook oder WhatsApp partout nicht nutzen wolle.

Der Bedarf an digitalem Know-how wachse - "und gleichzeitig auch der nach gutem Rat", weiß Guthmann. Und sie empfiehlt den Ratsuchenden "Ehrlichkeit": "Man sollte zugeben, wenn man etwas nicht kann, sich helfen lassen." Sie selbst habe da in der Bücherei, etwa mit Kunden, die Probleme mit einem E-Reader haben, gute Erfahrungen gemacht.

Michael Pentza, der IT-Experte der Stadt Gunzenhausen, präsentierte sodann das digitale Angebot der kommunalen Verwaltung. 77 Online-Verfahren gebe es dort inzwischen - und die Frage, die über dem ganzen Abend stehe, könne er guten Gewissens klar beantworten: "Digitale Welt - wir sind dabei!" Dabei betonte Pentza, dass das bayerische Digitalgesetz zwar das Recht auf eine digitale Verwaltung vorschreibe - aber eben keine Pflicht. Bürger könnten immer auch analog mit den Behörden kommunizieren; anders als etwa in Skandinavien und baltischen Ländern, wo es nur noch digital möglich sei.

"Kürzester Weg zur Verwaltung"

Pentza empfahl das "Bayern-Portal" (www.freistaat.bayern) als "kürzesten Weg zur Verwaltung in Bayern", die kostenlose Bayern-ID, die bei Behördengängen helfe, und die digitale Assistentin "Bavaria", die eventuelle Fragen schriftlich beantworte. "Aber natürlich haben wir auch freundliche Damen im Rathaus, die gerne weiterhelfen", schmunzelte der Leiter der Stabsstelle Informations- und Kommunikationstechnik der Altmühlstadt.

Theresa Engelhardt stellte vor allem das riesige Potenzial der Digitalisierung im Gesundheitswesen vor. Denn, so musste die Teamleiterin der AOK-Geschäftsstellen in Altmühlfranken einräumen: Ob E-Rezept, Patientenakte oder Gesundheits-Apps: Noch ist vieles erst im Aufbau begriffen, freiwillig oder nur teilweise funktionsfähig, und auch viele Ärzte und Apotheker sind noch lange nicht "dabei in der digitalen Welt".

Das ist Armin Trösters Arbeitgeber, die Sparkasse Gunzenhausen, und überhaupt die ganze Finanzwelt schon deutlich weiter, sind Online-Banking und Finanz-Apps doch schon weit im Alltag verbreitet. Und doch, das war an den Fragen der rund 40 Besucher deutlich zu hören: Vielen ist das elektronische Hantieren mit Geld noch immer nicht ganz geheuer.

"Kann wirklich niemand reinschauen?"

"Kann in meine Online-Verbindung wirklich niemand reinschauen?", lautete eine der besorgten Fragen. Die Tröster mit einem "klaren Jein" beantwortete: "Wenn man einen Trojaner auf dem Rechner hat oder seine PIN verraten hat, dann kann man auch reinschauen." Generell sollte man sich Überweisungen, die man tätige, immer ganz genau anschauen.

Bei Anrufern, die per Telefon Konto- und Bankdaten erfragen wollen, sei die Situation aber völlig klar: "Wir fragen nie nach Ihren Kontodaten", stellte Tröster eindringlich klar. Und begründete logisch: "Wenn wir Ihre Kontonummer und Bankleitzahl nicht wissen, dann stimmt etwas nicht." Sich niemals drängen lassen, niemals Daten am Telefon oder per Mail herausgeben, lautet denn auch ein wichtiger Rat des Fachmanns. Wenn ein Kunde sich das Online-Banking einrichten lasse, dann werde ihm sein Geldberater alles erklären und ihm helfen, verspricht Tröster. Und auch er selbst stehe dafür bereit - in der Regel an jedem Donnerstagnachmittag in der Hauptstelle der Sparkasse am Marktplatz in Gunzenhausen.

Jürgen Neumeier und Martin Bosch vom Verein Gunnet (www.gunnet.de), der sich ehrenamtlich seit fast 20 Jahren der digitalen Medienpädagogik verschrieben hat, warben dann zum Abschluss noch einmal eindringlich für ein Leben in der digitalen Welt. "Ein Drittel der Menschen über 60 lebt in digitaler Abstinenz", stellten sie fest. Das sei "verdammt viel", und: "Das muss sich ändern."

Einsteigerkurse und digitale Sprechstunden

Ihr Verein biete seinen 230 Mitgliedern seit vielen Jahren Einsteigerkurse, biete digitale Sprechstunden und lehre den Umgang mit PC, Laptop und Tablet. "Wir wollten nicht warten auf eine staatliche Förderung, sondern einfach machen", sagte Neumeier.
Dennoch sollten die Kommunen mit Hilfe von "Technikbotschaftern" Angebote schaffen für den Umgang mit digitalen Gerätschaften und Arbeitsweisen. "Vielleicht kann man ja was mit der Stadt zusammen auf den Weg bringen", hofft Martin Bosch.

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Ein Baustein könnte ein "Runder Tisch für Seniorenfragen" sein, der sich auf Initiative von Seniorenbeirat Thomas Thill am Dienstag, 9. Mai, von 14 bis 16 Uhr im Sitzungssaal des Gunzenhäuser Rathauses zusammenfindet. "Ein Forum für ehrenamtlich Tätige", nennt Bosch diese Runde. Und er betont, dass man dafür noch dringend nach Mitstreitern suche, die sich für ein Leben in der "schönen digitalen Welt" engagieren.

 

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